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Muss ich meinen neuen Motor wirklich einfahren?

Über manche technische Fragen kann man trefflich streiten – und weit oben auf der Rangliste in einschlägigen Foren und Gruppen findest Du mit ziemlicher Sicherheit die Debatte, ob man neue Roller oder Motorräder heute noch einfahren muss. Hier fünf Hinweise, die Dir weiterhelfen.

 

Yamaha macht eine klare Ansage

 

Jeder Hersteller liefert seine Fahrzeuge mit einem Handbuch aus, in dem mehr oder weniger genau beschreiben wird, wie das Fahrzeug einzufahren ist. Meist werden konkrete Angaben zur empfohlenen Drehzahl bis zu einem bestimmten Kilometerstand gemacht.

 

Beim Tricity 300 heißt es zum Beispiel: „Der Motor ist fabrikneu und darf während der ersten 1600 Kilometer nicht zu stark beansprucht werden“. Um das zu verhindern, wird empfohlen, längeres Vollgasfahren und Drehzahlen über 5000 U/min zu vermeiden. Erst nach 1600 km (und einem Ölwechsel bei der 1. Inspektion) kann man das Fahrzeug voll ausfahren.

 

 

Beim Einfahren Dein bester Freund: der Drehzahlmesser

 

Früher machte das großen Sinn

 

Das Einfahren von Motoren – egal, ob Roller, Motorrad oder Auto – hat einen technischen Hintergrund: Motoren werden aus einzelnen Guss- und Schmiedeteilen montiert. Die kommen aus der Massenproduktion, für die man in der Regel Formen verwendet. Damit Form und fertiges Motorteil leichter zu separieren sind, wird ein Trennmittel – früher u.a. sogar Feinsand – aufgetragen.

 

Die Neuteile für einen Motor waren und sind also auf den ersten Blick plan und sauber, doch unter der Lupe oder dem Mikroskop ist zu erkennen, dass nicht zuletzt durch das Trennmittel winzige Unebenheiten existieren. Erst wenn ein Motor eine Weile lief, schliffen sich die Metallteile „gegeneinander ein“ und die Unebenheiten ab; die entstehenden Reibungen und Hitzeentwicklung wurden dadurch vorsichtig reduziert.

 

Du hast es in der Hand: nicht gleich Vollgas geben!

 

Früher – sagen wir mal bis in die neunzehnachtziger Jahren – hatte die Produktion noch erhebliche Toleranzen, doch seither haben sich Qualität und Passgenauigkeit im Motorenbau erheblich verbessert. Aktuelle Motoren gehen mit einem früher kaum vorstellbaren Maß an Präzision an den Start.

 

Um die „Unebenheiten“, von denen wir oben sprechen, zu entfernen, brauchte man früher etliche hundert Kilometer. Heute ist das erledigt, wenn Du Deinen neuen Roller auf dem Hof des Händlers Deines Vertrauens bei der Übergabe laufen lässt, und der Kolben die ersten 100.000 Explosionen im Brennraum hinter sich hat. Andererseits hat es noch keinem Motor geschadet, ihn vorsichtig und entlang der Einfahrvorgaben auf Trab zu bringen. Der Langlebigkeit schadet es nicht, deshalb spricht außer Deiner Gashand auch nichts dagegen.

 

Auch Du musst Dich einfahren!

 

Hohe Qualität gibt Dir allerdings keinen Freibrief, Deinen neuen Motor vom ersten Meter an zu quälen. Und niemand nimmt es Dir übel, wenn Du es die ersten tausend Kilometer gemütlich angehen lässt, das Gas sorgfältig dosierst und ambitionierte Fahrmanöver erst einmal vermeidest.

 

Der Grund: „Unebenheiten“ und Reibungen gibt es auch zwischen deinem neuen Roller und Dir. Auch da muss sich in den ersten Wochen und den ersten hundert Kilometern einiges einschleifen; Übung, Rantasten und Automatismen geben Dir Sicherheit. Du musst Dich an den Roller gewöhnen, damit ihr ein gutes Team werdet. Rücksicht auf den Roller bedeutet deshalb auch Rücksicht auf Dich.

 

Denk an Reifen und Bremsen

 

Es macht noch aus anderen Gründen durchaus Sinn, sich unabhängig vom Blick auf die Lebensdauer des Motors langsam an die maximale Kraftentfaltung eines Fahrzeugs heranzutasten. Denn auch andere, wichtige Komponenten sind fabrikneu: Die Reifen kommen mit einem hauchdünnen Film auf dem Profil aus dem Werk. Der erstaunlich gute Grip, den moderne Reifen haben, entwickelt sich also erst, wenn diese Produktionsrückstände aus dem Werk abgerubbelt sind und die Reifen auch an den Flanken „eingefahren“ sind. Die Faustregel hier: Nach etwa hundert Kilometern ist der Reifen auf der Straße angekommen.

 

Fabrikneue Reifen bauen ihren vollen Grip erst auf

 

Auch Bremsscheiben und Bremsbeläge zeigen erst ihre volle Wirkung, wenn die Oberflächen sich auf einander „eingebremst“ haben und richtig „beißen“. Der Unterschied ist in der Tat frappierend: Die Produktionsrückstände und die ungenutzten Oberflächen machen Bremsscheiben beim ersten Einsatz fast seifig – die maximale Bremskraft entfaltet sich bei vielen Fahrzeugen erst nach zwei- oder dreihundert Kilometern.

 

Wollen auch eingefahren werden: die Bremsen

 

Warmfahren statt Einfahren

 

Während das EINfahren von Motoren durch modernere und präzisere Fertigungstechnologie also nicht mehr die gleiche Wichtigkeit wie vor Jahren hat, macht das regelmäßige WARMfahren eines Fahrzeugs immer noch Sinn. Es tut keinem Motor – sei es Roller oder Motorrad – gut, in kaltem Zustand ohne Aufbau des nötigen Öldrucks, ohne Temperatur und gleichmäßige Ölverteilung von null auf hundert geprügelt zu werden. Sehr hohe Drehzahlen führen nicht zuletzt zu ungleichmäßiger Hitzeverteilung im Motorblock; das mag keine Dichtung und kein filigranes technisches Bauteil. Also bitte die erste Minuten mit ruhiger Hand fahren.

 

Unser Fazit:

 

Es geht nicht nur um den Motor, sondern auch um Bremsen, Reifen und viele andere Bauteile. Und es geht auch um Deine Sicherheit und den Werterhalt Deines Fahrzeuges. Wir wissen: Wenn der neue Roller kommt will man sich draufsetzen und mit Vollgas losdüsen. Es ist schwer diszipliniert zu bleiben – aber: es lohnt sich. Die, die den Motor bauen, schreiben auch das Handbuch – und das machen sie nicht um Dich zu ärgern, sondern um Dir und Deinem Fahrzeug die besten Tipps und Ratschläge mit auf einen – möglichst langen! – Weg zu geben.

 

Gute (Ein-) Fahrt also!

 

 

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